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Umgang mit Krisen an der Börse

Umgang mit Krisen an der Börse

Lisa Osada
von Lisa Osada

Das Investieren bei blauem Himmel und Sonnenschein ist vergleichsweise leicht. Seit Monaten oder Jahren gehen die Kurse stur nach oben, alles ist gut. Wie zeigt sich aber der Umgang mit Krisen an der Börse, wenn das heile Weltbild sich schlagartig ändert?

In diesem Artikel möchte ich meine Gedanken und bisherigen Erlebnisse dazu einmal schildern. Vor allem auch aus dem Hintergrund, dass mich in den letzten Tagen besonders bei Instagram viele Fragen zur aktuellen Situation und meinem Umgang damit erreicht haben.

Die COVID-Pandemie

Die Meisten von euch werden diese Krise am Aktienmarkt mit erlebt haben. Daher verzichte ich auf eine erneute Schilderung der Ereignisse.

Wie habe ich gehandelt?

Erst einmal überhaupt nicht.

Am Tag des Crashs war ich sehr beunruhigt. Mein Depot hatte erst vor einigen Wochen einen neuen finanziellen Meilenstein erreicht, über den ich mich enorm gefreut hatte. Ein paar Tage später war alles zunichte. Einen Einbruch von ungefähr 35 % binnen eines Tages hatte ich bis dahin noch nicht bewusst erlebt. Das erste Gefühl war Angst. Würde es noch weiter fallen?

Keine Reaktion

Um nicht unüberlegt zu handeln habe ich also versucht, mich erst einmal nicht näher mit meinem eigenen Depot zu befassen und keine Änderungen vorzunehmen. Nach ein paar Tagen fasste ich schließlich den Entschluss, gezielt Aktien, die besonders stark gefallen waren und von denen ich langfristig überzeugt war, nachzukaufen. Das war möglich, durch eine Cash-Reserve, die ich mir auf meinem Tagesgeldkonto* über die letzten Jahre angesammelt hatte.

Aus heutiger Sicht habe ich viel zu wenig investiert, als die Kurse am Boden waren. Auch hätte ich, wären Zeitreisen denn möglich, noch zusätzlich einen großen Teil in einen Welt-ETF investiert, statt nur in einzelne Aktien. Ein klassischer Fall des Rückschaufehlers, den ich weiter unten im Artikel noch einmal thematisiere.

Weitere Fragen von euch:

Ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um mehr zu investieren?

Die Antwort wird niemand zuverlässig geben können. Es ist durchaus möglich, dass die Kurse weiter einbrechen, ebenso ist genau das Gegenteil möglich. Damit möchte ich vor allem sagen: Die berühmte Glaskugel, mit der wir die Zukunft am Aktienmarkt voraussagen können, existiert nicht. Auch wenn manch einer sich anmaßen mag, hier eine Vorhersage treffen zu können, so ist es am Ende doch einfach geraten. 50/50, vielleicht hat man Glück und die Aussage trifft zu.

Keine Panik & Ruhe bewahren

Wann immer eine Krise oder krisenartige Situation einen persönlich betrifft, ist meist die erste Reaktion: Angst. Auf diese Angst sollte aber keine Panik folgen. Das schreibt sich leicht, im aktuen Moment ist das noch einmal etwas ganz anderes.

Mein Rat dazu: Versuche dir, deine genaue Gefühlslage und deine Gedanken zu merken. Am Besten schreibst du sie dir sogar auf. Schreibe zum Beispiel eine E-Mail an dich selbst, in der du so präzise wie möglich formulierst, wie es gerade bei deinen Emotionen, Gedanken und Ängsten aussieht.

Im ersten Schritt wird bereits das eine kleine Abhilfe schaffen um die eigene Denke zu sortieren.

Hinterfrage dich

Wenn du feststellst, dass du in Panik verfällst dann „nehme das nicht hin“, sondern hinterfrage den Grund dafür. Liegt deine Panik an dem Fakt, dass dein Depot nicht ausreichend diversifiziert ist? Hast du dir selbst einen Anlagehorizont gesetzt?

Fehlt dir vielleicht auch ein ausreichend hoher Notgroschen, der dich in Zeiten von unsicheren Arbeitsplätzen entspannt bleiben lässt?

Sollte ich jetzt meine Aktien/ETF-Sparpläne pausieren?

Hier ähnelt die Antwort der vorherigen. Sieh dir an, in welche Aktien oder ETFs du investierst und aus welchem Grund. Bei einem langfristigen, weltweit gestreuten Ansatz sehe ich grundsätzlich keinen Grund, jetzt einen Sparplan zu stoppen. Natürlich immer in Betrachtung auf die jeweils individuelle Situation.

Was wir nicht wissen: Wann die Börse sich nach einem Einbruch wieder erholt.

Was wir wissen: Die historische Betrachtung zeigt, dass sich die Börse nach starken Einbrüchen und Krisen immer wieder erholt hat.

Dein Risikoprofil

Stellst du fest, dass dich eine Krisensituation enorm belastet, solltest du überlegen, zukünftig eine Strategie zu wählen die mehr Ruhe und Sicherheit in dein Portfolio bringt.

Warum reagiert die Börse so schnell?

Den Spruch „an der Börse wird die Zukunft gehandelt“ gibt es nicht ohne Grund. Neue Ereignisse, potentielle (politische) Risiken, Pandemien. Zuletzt haben wir das während der COVID-Pandemie mit einem Run auf Impfstopff-Aktien gesehen.

Der Markt reagiert häufig sensibel auf solche Ereignisse. Aber auch sehr häufig anders, als man es selbst vielleicht für absolut logisch halten würde. Manchmal liest man hier auch Aussagen wie „die Szenarien sind bereits eingepreist“.

Um bei dem Beispiel der der COVID-Pandemie zu bleiben: Die Kurse vieler Unternehmen sind bereits eingebrochen, als noch völlig unklar war, was die Pandemie für die Wirtschaftliche Situation eigentlich bedeuten wird.

Der Rückschaufehler

Hier tritt das Problem des sogenannten „hindsight bias“ auf. Diesen Effekt könnt ihr an euch selbst vermutlich auch sehr gut beobachten. Der Rückschaufehler besagt, dass wir nachdem ein Ereignis eingetreten ist, die Vorhersehbarkeit dieses Ereignisses überschätzen.

Die Verzerrung der eigenen Wahrnehmung tritt hier in Kraft. Ein einfaches Beispiel dazu: Viele Anleger denken sich aus heutiger Perspektive:

„Ich wusste eigentlich immer, dass Amazon ein sehr erfolgreiches Unternehmen wird. Mein Fehler war, nicht frühzeitig zu investieren. So ist mir Rendite entgangen. Der Fehler passiert mir nicht noch einmal.“

Dabei betrachten wir aber nicht die Tatsache, dass vor 20 Jahren sicher noch 10 andere Unternehmen interessant und aussichtsreich für uns waren. Von diesen 10 existieren heute vielleicht noch 3. Eines davon ist Amazon.

Zum Zeitpunkt in der Vergangenheit lag allerdings keine wirkliche Einschätzung vor, schließlich hätte man ansonsten vermutlich in die Aktie investiert. In Nachhinein passt man allerdings seine eigenen Gedanken häufig unwissentlich an das heutige Ergebnis an.

Die Folge dieses Effekts ist es also, dass wir im Nachhinein denken, einen offensichtlichen Fehler begangen zu haben. Dabei war das Ergebnis eigentlich ungewiss.

Fazit: Umgang mit Krisen an der Börse

Angst ist kein guter Berater. Jede Krise ist eine Chance. Sei es, um ein Stück mehr über sich selbst und seine Risikotoleranz zu lernen, oder um zukünftige Entscheidungen durch das Erlernte anders zu gestalten. Wichtig ist dabei immer, sich selbst möglichst neutral und „von außen“ zu betrachten. Auch das kann man lernen.

Schreibt mir gerne eure Gedanken oder Erfahrungen mit Krisensituationen in die Kommentare.

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7 Gedanken zu „Umgang mit Krisen an der Börse“

  1. Hallo Lisa.
    Schöner Artikel. Im Nachhinein hätte ich auch damals zum Corona Crash mehr in Welt ETF’s gesteckt. Aber keiner ist perfekt und man kann nur lernen und durch solche Seiten wie deine, lernt man um so mehr🤗.

  2. Hallo Lisa,

    ich sehe es mit meiner langfristigen Erfahrung auch so, dass Krisen Chancen sind.

    Aber, diese Krise ist anders!

    Normalerweise gehe ich davon aus, dass immer dann wenn jemand schreibt „es ist anders“ eine große Übertreibung vorliegt die früher oder später vom Markt korrigiert wird (Contra-Indikator). Nun muss ich es, als Optimist, selber schreiben.

    Warum ist diese Krise anders? Weil das Wohl von uns allen aktuell von einem einzigen Politiker auf der Welt unberechenbar gesteuert wird. Wir können absolut nicht erahnen, was die Pläne sind und was noch kommen kann oder kommen wird. Die Auswirkungen und die Krisendauer sind absolut ungewiss und unvorhersehbar. Eine schreckliche Eskalation ist jederzeit möglich.

    Im Moment gibt es nur eines für mich: Dei Finger still halten und keine einzige zusätzliche Aktienorder aufgeben. Keinen Kauf. Keinen Verkauf. Liquidität sammeln für besser Zeiten und hoffen, dass das Depot es übersteht und Dividenden abwirft. Vielleicht wünsche ich mir noch, alles verkauft zu haben, da eine Aktie zu jedem Kurs noch um 100% Fallen kann. Vielleicht verpasse ich die ersten 20-30% vom Aufschwung. Was solls. Ich investiere langfristig und zocke nicht.

    Die Sparpläne von meiner Frau und meinem Sohn laufen aber (vorerst) weiter.

    So nach dem x-ten Durchlesen keimt ein kleiner Funke Hoffnung auf bessere Zeiten auf. Hoffentlich wird er Realität.

    Beste Grüße

    Marc

    • Hallo Marc,

      danke dir für deinen Kommentar. Die aktuelle Gefühlslage fällt auch mir sehr schwer in Worte zu fassen und es ist nicht einfach, „optimistisch“ zu bleiben. Das Wort selbst klingt auch hier schon fast fehl am Platz.

      Den Punkt „Liquidität sammeln“ kann ich auch gut nachvollziehen; ähnliche Gedanken treiben mich momentan auch um. Verkaufen / Sparpläne stoppen werde ich aber nicht.

      Hoffen wir, dass die Situation nicht weiter eskaliert und wir die selbige langfristig betrachtet als „Erleben eines globalen Ausnahmezustands“ einordnen können.

      Liebe Grüße

  3. Hallo Lisa, der Artikel ist wirklich schön geschrieben. Für mich ist das hier die erste Krise (global und am Aktienmarkt) die ich so nah mit erlebe. Irgendwie fühlt sich das auch heuchlerisch an, weil natürlich permanent weltweit Krisen stattfinden aber diese hier eben doch einfach näher scheint.

    Ich hoffe auch sehr, dass sich hier bald alles klärt und dieser Wahnsinn(ige) gestoppt wird.

    Herzliche Grüße
    Jule

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