Hallo zusammen! Einige von euch hatten in den vergangenen Tagen ein Barabfindungsangebot Deutsche Wohnen in ihrer Postbox. Es geht hier um die geplante Übernahme durch die Vonovia AG.

Update vom 23.08.2021: Und noch ein Angebot. Für nun von 53 € will Vonovia die Aktien übernehmen. Der „letzte Versuch“, wie es in den Medien heißt.

Update vom 26.07.2021: Die Übernahme von Deutsche Wohnen durch Vonovia gilt vorerst als gescheitert. Die eingereichten Deutsche-Wohnen-Aktien werden zurück gebucht. Möglicherweise wird es ein neues, höheres Angebot an die DW-Aktionäre seitens Vonovia geben.

Wichtig vorab, da einige das Angebot falsch interpretiert haben:
Es handelt sich dabei NICHT um einen Aktientausch! Ihr erhaltet in diesem Angebot keine Vonovia Aktien im Tausch für die DW-Aktien.

Es wird das Umtauschverhältnis von 1 zu 1 angegeben. Wenn man das Angebot annimmt, werden die Aktien in die neue Gattung „Eingereichte Deutsche Wohnen SE-Aktien“ getauscht und nach Ablauf der Frist (und Überschreiten der erforderlichen Annahmequoten) kommt es dann zur Auszahlung. Daher halten einige das fälschlicherweise für einen Aktientausch.

Bereits im Jahre 2016 wurde eine solche Übernahme seitens Vonovia SE angestrebt, konnte aber nicht erfolgreich durchgeführt werden. Der frühere Übernahmeversuch scheiterte daran, dass zu wenige Aktionäre bereit waren dem Angebot zuzustimmen.

Zunächst sollten wir die Frage beantworten:

Welche Optionen habe ich?

Option A: Du kannst das Angebot annehmen, dann erhältst du für je 1 Aktie von Deutsche Wohnen, die du besitzt gemäß des Angebotsschreibens 52,00 €.

Option B: Du kannst das Angebot „ignorieren“, dann behältst du deine Aktien von Deutsche Wohnen. (Im „Worst Case“ besteht die Gefahr, dass du aus dem Unternehmen gedrängt werden kannst, Stichwort: Squeeze-out, dazu weiter unten im Beitrag mehr. Auch wenn das passieren sollte, würdest du nicht „leer ausgehen“.)

Was ist ein Übernahmeangebot?

Bei einem Übernahmeangebot handelt es sich generell um ein öffentliches Angebot eines Unternehmens an die Aktionäre einer Aktiengesellschaft (in diesem Falle an die Aktionäre der Deutsche Wohnen), die Anteile zu einem festgelegten Preis übernehmen zu wollen.

Meist wird hier eine Barzahlung für die zu übernehmenden Aktien angeboten. So auch in diesem Fall von Vonovia an die DW-Aktionäre.

Die Aktie von Deutsche Wohnen steht heute, 07.07.21 bei 51,74 €.

Eine weitere Möglichkeit bei einer Übernahme ist der Aktientausch. Dabei erhalten die Unternehmen in einem vordefinierten Verhältnis die Aktien des zu übernehmenden Unternehmens. (Umtauschangebot)

Auch die Kombination aus Aktientausch plus Auszahlung eines Geldbetrages ist eine Möglichkeit, ein Übernahmeangebot an die Aktionäre zu stellen.

Was passiert, wenn ich das Übernahmeangebot nicht annehme?

Aktionäre, die ein solches Übernahmeangebot nicht annehmen, bleiben weiterhin Besitzer (Inhaber) ihrer Unternehmensanteile. Wenn der Hauptaktionär allerdings mehr als 90 % bzw. 95 % der Aktien erhält, können sie mit einem Squeeze-out aus dem Unternehmen gedrängt werden.

Nicht annehmen = Squeeze-out?

Geregelt wird dieses Vorgehen im Aktiengesetz, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz sowie im Umwandlungsgesetz. Der Aktionär kann also „aus dem Unternehmen gedrängt“ werden und erhält eine Barabfindung (angemessene Barablösung), gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch die HV.

Ein tatsächliches Verlustrisiko ist Squeeze-out eher weniger: Hier erhält man mindestens den Durchschnittskurs der letzten 3 Monate (volumengewichtet) oder den höheren Abfindungsbetrag, der sich auf Basis des Gutachtens errechnet (Ertragswert- oder Substanzwertverfahren, je nach dem, was den höheren Wert bringt).

Nach dem Beschluss über einen Squeeze-Out werden die Aktien aus den Depots gegen Einbuchung der Barabfindung ausgebucht. Anschließend wäre das Unternehmen komplett von der Börse verschwunden.

Wenn es also zu einem Squeeze-out kommt, wirst du als Aktionär zwangsweise herausgedrängt. Dann „musst“ du das Barangebot annehmen, bzw. hast dann einfach „Geld statt Aktien“ in deinem Depot.

Steuerliche Situation beachten

Beim einem reinen Aktientausch werden die erhaltenen Anteile steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile gesetzt. Dadurch werden erst bei einer zukünftigen Veräußerung der Aktien Gewinne / Verluste realisiert und erst dann versteuert.

In diesem Fall kommt die Annahme der Barabfindung einem Verkauf gleich. Der Erlös muss also versteuert werden. (Bei einem Tausch der Aktien, wäre das nach meinem Wissen steuerfrei möglich.)

Durch das Annehmen wird der Sachverhalt also steuerlich wie ein Verkauf der Aktien betrachtet.

Dazu ergänzend: „Wird bei einem Aktientausch zusätzlich ein Barausgleich gezahlt, ist dieser ebenso wie eine Bardividende nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtig und unterliegt sofort der Abgeltungsteuer (§ 20 Abs. 4a Satz 2 EStG). Diese Vorschrift ist auf Kapitalerträge anzuwenden, die seit dem 1.1.2009 zufließen.“

Quelle: Lohnsteuerkompakt

Was ist überhaupt ein Barabfindungsangebot?

Wie der Name schon vermuten lässt, erhaltet ihr eine Barzahlung, diesem Fall die angebotenen 52,00 € je Aktie, sofern ihr dem Angebot zustimmt.

Schreiben zum Angebot

Ich halte selbst keine Aktien der Deutsche Wohnen (allerdings welche von Vonovia), dementsprechend habe ich das Angebot auch nicht erhalten. Ein Abonnent war aber so freundlich, mir das Schreiben zu senden – hier ein Auszug von comdirect*:

Vonovia-deutsche-Wohnen
Vonovia-deutsche-Wohnen

Hier kommt ihr direkt zum Schreiben der Vonovia SE.

Trade Republic dazu:


Bedenkzeit / Annahmefrist

Wie ihr im Dokument sehen könnt, gilt die Frist zur Annahme oder Ablehnung des Angebots zwischen dem 25.06.2021 und dem 21.07.2021.

Generell solltet ihr euch hier „nicht stressen lassen“ und euch gründlich überlegen, wie ihr vorgehen wollt. Ihr erlangt keinen Vorteil dadurch, das Angebot besonders schnell zu akzeptieren, da es euch als DW-Aktionäre zusteht und der Preis dieses Angebots sich nicht ändert.

Die Entscheidung, das Angebot anzunehmen, kann noch bis zum letzten Tag der Frist getroffen werden.

Denkbar wäre auch, dass das vorgelegte Angebot von Großaktionären als „zu niedrig“ eingestuft wird und dementsprechend eine Nachbesserung / ein neues Angebot seitens Vonovia erfolgt.

Auch denkbar wäre, dass durch einen Konkurrenten ebenfalls ein Übernahmeangebot vorgelegt wird, wodurch sich ein Bieterwettstreit mit einem Anstieg des Angebotspreises ergeben könnte.

Grundsätzliche Überlegung zum Angebot

Die Übernahme kommt nur zustande, wenn mehr als 50 % der Aktionäre von Deutsche Wohnen ihre Papiere an Vonovia verkaufen.

Das Handelsbatt schreibt als Titelzeile dazu: „Deutsche Wohnen empfiehlt seinen Aktionären, Übernahmeangebot anzunehmen Vonovia bietet den Aktionären bei der Übernahme 52 Euro pro Anteilsschein. Ein „faires und angemessenes“ Angebot, sagt die Deutsche Wohnen.“

Mehrere Risiken:

  • Wenn Vonovia die 50 % nicht schafft, fällt der Kurs wohl, da dann erst einmal Übernahmephantasie raus ist.
  • Wenn sie 50 % schaffen, dann müssen die erst auf 90 % der Unternehmensanteile ansteigen.
    (90 % gilt beim verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out und 95 % beim übernahmerechtlichen Squeeze-out. Bis zum Squeeze-out wäre es aber noch ein sehr weiter Weg.

Ist eine Übernahme aus Sicht der Aktionäre sinnvoll?

Nach Veröffentlichung des Angebots für Deutsche Wohnen stieg die Aktie um ca. 16 %. Von dieser Fusion erhofft sich Vonovia finanzielle Einsparungen von rund 105 Millionen € bis 2024.

Die Deutsche Wohnen hatte bisher für Wartungsarbeiten und Handwerkerleistungen Fremdfirmen beauftragt; Vonovia möchte dabei auf eigene Mitarbeiter setzen, um Kosten zu sapren.

Vielen Dank auch noch einmal an Matthias von Finanzgeschichten, für die Mithilfe am Artikel.

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4 Gedanken zu „Barabfindungsangebot Deutsche Wohnen“

  1. Bei Barabfindung wird sofort vom Gewinn die Kapitalertragsteuer + Soli abgezogen. Ich haette dann weniger in bar als ich damals beim Kauf der DW-Aktien bezahlt habe. Und keine Aktie mehr! Deshalb ist die Barabfindung unfair fuer Sparer, nur gut für den Staat!

    • Dein Gewinn ist aber doch Barabfindung – Einkaufspreis. Also dürfte da locker etwas übrig bleiben…

  2. Hier verwechselt wohl jemand Gewinn und Umsatz. Kapitalertragssteuer plus Soli, evtl. Kirchensteuer wird vom Gewinn abzuzogen, so kann ich nimals weniger „weniger in bar als ich damals beim Kauf der DW-Aktien bezahlt habe“

    Beispiel: Kaufpreis 100€, Barabfindungsangebot 120€.
    Gewinn somit 20€ welche mit knapp 30% (aufgerundet zum leichter rechnen) versteuert werden. So zahle ich 20€*0,3=6€ Steuern.
    Heißt vom Barabfindungsangebot bleiben mir noch 120€-6€=114€ was dann nach kurzem Nachdenken auch mehr als die anfänglichen 100€ wären.

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