Heute findet die Verhandlung über die mögliche Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags statt. Bis zu einer finalen Entscheidung können allerdings noch einige Monate vergehen. Sollte der Solidaritätszuschlag tatsächlich abgeschafft werden, würde dieser auf Kapitalerträge wie Dividenden und Zinsen nicht mehr erhoben werden. Zudem besteht die – wenn auch eher unwahrscheinliche – Möglichkeit einer rückwirkenden Erstattung bereits gezahlter Solidaritätszuschläge auf Kapitalerträge.
Wann fällt der Solidaritätszuschlag aktuell bei Kapitalerträgen an?
Sobald ein Privatanleger seinen jährlichen Freibetrag von derzeit 1.000 € ausgeschöpft hat, fällt zusätzlich zur Kapitalertragsteuer von 25 % ein Solidaritätszuschlag von 5,5 % an. Der Solidaritätszuschlag wird jedoch nicht zu den 25% addiert, sondern beträgt 5,5% von der anfallenden Kapitalertragsteuer. Effektiv landet man damit also bei 26,375%.
Wie sieht das konkret aus?
Hier ein Beispiel mit einer der letzten Ausschüttungen von Microsoft in Höhe von 8,79 € (brutto). Bei dieser Summe fallen 0,05 € als Solidaritätszuschlag an. (Berechnung: 5,5 % von 0,88 € = 0,0484 €, gerundet 0,05 €.)
Warum beträgt die Kapitalertragssteuer im Beispiel 10% (0,88€) und nicht 25% (2,20€)?
Da es sich um eine Dividende aus den USA handelt, greift hier das Doppelbesteuerungsabkommen. Es soll verhindern, dass Personen, die in zwei Staaten Einkünfte erzielen, diese in beiden Staaten – also doppelt – versteuern müssen. Wie in diesem Beispiel zwischen Deutschland und den USA.
Die ermäßigte Quellensteuer auf Dividenden wird durch das Abkommen von 30 % auf 15 % gesenkt. Da man bereits in den USA 15 % Steuern gezahlt hat, muss man in Deutschland nur noch 10 % Steuern zahlen. Hier beträgt die Kapitalertragsteuer also „nur“ noch 0,88 €, 10 % von 8,79 €, da bereits 15 % US-Quellensteuer gezahlt wurden, also 1,32 €. Weitere Informationen und Beispiele dazu findest du im Artikel Besteuerung US-Dividende | Vergleich mit und ohne Freibetrag.
Die tatsächliche Steuerbelastung durch den Solidaritätszuschlag ist daher bei US-Dividenden aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens geringer, da Bemessungsgrundlage für den Soli die in Deutschland verbleibende Kapitalertragsteuer ist – und diese durch die Anrechnung der US-Quellensteuer gemindert wird. Die tatsächliche Höhe des Solidaritätszuschlags beträgt bei US-Dividenden lediglich 0,55 % der Dividende statt 1,375 %. (Unter der Annahme, dass der persönliche Freibetrag bereits ausgeschöpft ist.)
Was passiert bei einer Abschaffung?
Dazu ein Beispiel:
Angenommen, ein Privatanleger erhält in einem Jahr 2.500 € Dividenden brutto, und hat ansonsten keine weiteren Kapitalerträge.
Dividende: 2.500 € (brutto)
– Freibetrag: 1.000 €
= Steuerpflichtiger Betrag: 1.500 €
– Kapitalertragsteuer/Abgeltungsteuer (25%): 375 €
– Solidaritätszuschlag (5,5 % von 375 €): 20,63 €
= Steuern insgesamt: 395,63 €
Verbleibender Nettobetrag: 2.104,37 €
Sollte der Solidaritätszuschlag nun abgeschafft werden, würde sich also der Nettobetrag in diesem Beispiel um 20,63 € erhöhen und läge dann bei 2.125,00 €.
Eine eventuell zusätzlich anfallende Kirchensteuer ist hier nicht berücksichtigt.
💡 Auch interessant: Freistellungsauftrag | Anleitung für alle Depots
Rückwirkende Erstattung?
Eine rückwirkende Erstattung des Solidaritätszuschlags ist eher unwahrscheinlich. Selbst bei einem entsprechenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts würden die bisherigen Einnahmen aus dem Soli wahrscheinlich unangetastet bleiben, da diese Haushalte bereits abgewickelt sind. Die Auswirkungen des Urteils lägen daher eher in der Zukunft.
Wann fällt die finale Entscheidung?
Im Bericht der Tagesschau ist von mehreren Monaten die Rede. Ich werde den Artikel aktualisieren, sobald ein Update bekannt ist.
Weitere Quellen und Infos zum Thema Solidaritätszuschlag
- Bundesverfassungsgericht: Mündliche Verhandlung in Sachen „Solidaritätszuschlag 2020/2021“ am Dienstag, den 12. November 2024 um 10.00 Uhr
- Finanztip: Solidaritätszuschlag – Wer muss noch Soli zahlen?
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Hallo Lisa,
vielen Dank für die tolle Info – da bin ich ja echt mal gespannt! Ich finde, es wäre wirklich interessant, mehr über das Thema „Wie viel bleibt eigentlich übrig bei einer Dividende?“ zu erfahren. Schließlich werden auf Seite des Unternehmens bereits einige Steuern abgezogen, bevor es dann an die Aktionäre geht. Es wäre doch super, wenn viele Dividenden ausgeschüttet werden, denn so viele Steuern fallen darauf an – erst beim Unternehmen und dann noch einmal bei den Anlegern. Da wundert man sich, warum das in Deutschland nicht eigentlich mehr gefördert wird – haben ja alle was davon wenn man es so sieht.