Krisen sind in den letzten Jahrzehnten der Börse immer wieder aufgetaucht und anders als es einen die Crash-Propheten immer wieder glauben lassen wollen, ist es nahezu unmöglich diese vorherzusehen.
Selbst nach der jüngsten Krise, ausgelöst durch COVID-19, hätte man im Nachhinein wohl behaupten können, dass die Auswirkungen absehbar waren. Dennoch wurden wohl die meisten Investoren eiskalt erwischt – dazu zähle ich mich selbst ebenfalls. Zunächst hat mir das ganze Szenario einen ungeheuren Schreck eingejagt. Der Blick in mein Depot hat das natürlich kein Stück besser gemacht. Nahezu alle Positionen waren tiefrot gekennzeichnet und innerhalb eines einzelnen Tages wurde ein sehr großer Teil meines Depotwertes, den ich mir über die Jahre mühsam aufgebaut hatte, „verbrannt“.
Um in Zukunft besser mit solchen Krisen umzugehen oder sogar „gestärkt“ daraus hervorzugehen benötigt man eigentlich nur zwei Dinge. Ein grundlegenden Finanzwissen, sowie eine gewisse Kontrolle über die eigene finanzielle Situation. Dieser Artikel kann euch zwar nicht dabei helfen eure eigenen Finanzen zu kontrollieren, aber euch definitiv Kenntnisse, wichtige Regeln und Verhaltensweisen mit auf den Weg geben in künftigen Krisen effektiver zu agieren.
Nach dem schnellsten Abverkauf der Geschichte saß der erste Schock bei mir tief und es dauerte einen Weile, bis ich wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Auf den zweiten Blick sah die ganze Situation doch eigentlich gar nicht mehr so schlimm aus. Da ich ausschließlich Geld investiere, das ich nicht akut benötige konnte ich relativ schnell entspannt und analytisch mit der Situation umgehen – egal was in meinem Depot passiert, es bedeutet für mich keine Existenzangst.
Genau hier liegt meiner Ansicht nach eine der wichtigsten Verhaltensmaximen beim Investieren in der Krise: Man muss seine eigene Situation genau analysieren und immer die nötigen Cash-Reserven zurückhalten. Es kann immer etwas Unvorhergesehenes im Leben passieren, wie zum Beispiel der krisenbedingte Verlust seines Jobs, ein Unfall oder diverse Dinge, die spontan größere Ausgaben erfordern. Investitionen in Aktien und andere Finanzprodukte, werden also erst dann interessant, wenn die eigene Existenz gesichert ist und genügend eigene finanzielle Mittel verfügbar sind. Investieren durch einen aufgenommenen Kredit beispielsweise würde ich niemandem als Option nahelegen, auch wenn es noch so attraktiv verkauft werden kann.
Ist die Frage nach der Sicherung der eigenen Existenz positiv beantwortet, kann die Aufmerksamkeit wieder den Börsen und weiteren Investitionsmöglichkeiten zugewandt werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich die Menschheit auch aus dieser Krise befreit und das langfristige Wachstum der Aktienmärkte aufrecht erhalten wird. Wenn man sich auf diese Annahme verlässt, können die stark gefallenen Kurse nur eines bedeuten: Herausragende Einstiegskurse! Viele der „getroffenen“ Unternehmen waren mir stets zu teuer bewertet und wurden daher lange Zeit von mir gemieden. Jetzt habe ich die Möglichkeit Anteile von Qualitätsunternehmen zu vergleichsweise günstigen Preisen zu erwerben.
Aus Sicht eines Investors kann man sich die Krise also schnell ein wenig „schönreden“. Das verrückte an der ganzen Sache ist, dass sich viele Leute, trotz der niedrigen Kurse permanent Gedanken gemacht haben wann sie ihr Geld am besten investieren sollten. Es geistern einem unzählige Fragen durch den Kopf: „War das schon der Tiefpunkt?“ „Geht es nochmal weiter runter?“ „Macht es Sinn jetzt in Aktie XY zu investieren, obwohl sie schon wieder ein gutes Stück gestiegen ist?“ Um mir über solche und andere Fragen weniger den Kopf zu zerbrechen und die aufkommende FOMO „Fear of Missing Out“ zu verhindern, habe ich mir 3 Grundsätze aufgestellt, die dir das Handeln erleichtern sollen.
1. Das Gesamtbild
Es ist unwahrscheinlich schwer, bzw. fast unmöglich genau den Tiefpunkt einer Aktie im Crash zu treffen und auch wenn die Aktie seit einigen Tagen nur gestiegen ist, sollte man doch den Blick für das Gesamtbild nicht verlieren. So kann es sein, dass es sich bei der Aktie deiner Wahl trotzdem noch um einen sehr guten Einstiegspreis handelt, auch wenn sie schon einiges an Boden wieder gut gemacht hat. Die Wertentwicklung der letzten Jahre, sowie das Zukunftspotential, was man einer Aktie bzw. dem Unternehmen zuschreibt, können ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.
2. Keine Vergleiche
Es kommt häufig vor (oftmals unterbewusst), dass man sein Depot und seine Einstiegskurse mit anderen vergleicht. Besonders in Zeiten diverser Finanzaccounts auf verschiedenen Social Media Plattformen, die Ihre Käufe und Verkäufe veröffentlichen, gilt es stets sich nicht zu vergleichen und auf keinen Fall stumpf nachzukaufen. Obwohl es sicher immer ein gutes Gefühl ist zu wissen, dass man Aktie X günstiger gekauft hat als Person Y, hat man am Ende davon keinen wirklichen Vorteil. Der Vergleich mit anderen kann zu einer völlig falschen Annahme und Bewertung eines Unternehmens führen und verleitet oftmals dazu seine möglichst objektive Wahrnehmung einer Aktie aufzugeben. Deutlich wichtiger ist es seine eigenen Analysen durchzuführen, objektiv zu bleiben und Punkt 1 nicht zu vergessen – auch wenn man eine Aktie ggfs. zu einem höheren Preis als Person Y kauft, kann das mit Blick auf das Gesamtbild noch immer ein gutes Investment sein. Du investierst immer nur für dich und nicht für andere.
3. Nicht alles auf einmal
Es ist immer vorteilhaft, in einer Krise flexibel handeln zu können – so kann man auf unvorhergesehene Marktsituationen besser reagieren, Rücksetzer nachkaufen oder spontan auftauchende Chancen besser wahrnehmen. Eine gute Strategie dazu ist der Kauf in Tranchen. Mit mehreren kleinen Käufen, statt alles auf eine Karte zu setzen.
Um das konkrete handeln in einer Krise an einem persönlichen Beispiel etwas zu verdeutlichen, habe ich euch einen meiner Krisenkäufe mitgebracht:
Ich habe einen Teil meiner Cash-Reserven in eine Firma investiert, die wohl jeder kennt – The Walt Disney Company. Auch wenn Disney während der Krise negative Schlagzeilen wegen des Umgangs mit ihren Mitarbeitern gesammelt hat, viele Veröffentlichungen verschoben und mit den Erwartungen an die Wiederaufnahme ihres Geschäfts mit den Freizeitpark völlig daneben lag, steht für mich trotzdem fest, dass Disney ein grundsolides Unternehmen mit einem massiven Burggraben ist.
Ich denke das kaum ein anderer Player in der Unterhaltungsindustrie Disney das Wasser reichen kann. Dies liegt zum einen an der unglaublichen Vielzahl an einzigartigen Marken, sowie Filmen und Charakteren etc., als auch an der breiten Aufstellung des Unternehmens in das Mediennetzwerk, die Freizeitparks, Merchandise-Produkte und seit Disney+ auch Streaming-Dienste.
Und jetzt?
Wie lange die Corona-Krise noch andauert und wie lange mein Depot benötigt um sich vollkommen zu erholen kann einem leider niemand sagen. Ich rechne damit, dass meine Verluste in 2021 / 2022 wieder vollkommen ausgeglichen sind und sich meine Investitionen während der Krise sich dann auszahlen werden. Eine Situation wie die jetzige war für mich bisher einmalig und ich denke wir können auch in irgendeiner Weise froh darüber sein diese Erfahrung gemacht zu haben (zumindest was die Börse betrifft, mit Blick auf die Menschheit hätten wir da wohl alle gut drauf verzichten können). Obwohl ich seit 2011 am Aktienmarkt bin, habe ich noch nie etwas vergleichbares mitgemacht und ich denke den meisten Lesern hier geht es ähnlich.
Fazit
Eine Sache die ich auf jeden Fall mitnehme, ist es, möglichst immer einen kühlen Kopf zu bewahren und sich von der allgemeinen Panik nicht anstecken zu lassen. Ich habe in der Krise keine Aktie verkauft, weil ich davon ausgehe, dass sich die Werte langfristig wieder erholen werden. Besonders wenn man einen langen Anlagehorizont hat und einen klassischen „Buy and Hold“ – Ansatz verfolgt, sollten einem solche Einbrüche keine Angst machen. Außerdem werde ich in Zukunft noch strikter darauf achten die nötigen Cash-Reserven aufzubauen und zu halten. In meinen Augen ist das Licht am Ende des Corona Tunnels schon deutlich erkennbar und es ist nur eine Frage der Zeit bis die Börsen wieder auf Vor-Corona Niveau kursieren. Am Ende wird man seine Krisenverluste wieder ausgleichen haben und kann gestärkt und mit einer Vielzahl neuer Erfahrungen in die Zukunft blicken
Investition während der Krise: Warum Finanzwissen gerade dann besonders wichtig ist? Dieser Artikel ist Teil der Blogparade für den comdirect finanzblog award 2020. 🏆 #fba20
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In diesem Jahr Jahr veranstaltet comdirect wieder eine Blogparade für ihren finanzblog awards 2020 oder auch kurz #fba20 genannt. Zum ersten Mal kann ich hier mit Aktiengram nun auch selbst teilnehmen! Ich würde mich sehr freuen, wenn du mir beim Voting deine Stimme gibst.
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1 Gedanke zu „Investition während der Krise: Warum Finanzwissen gerade dann besonders wichtig ist?“
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